Wusste das mexikanische Original von Gerardo Naranjo aus dem Jahr 2011 vor allem durch seine Inszenierung und dem Einsatz von Plansequenzen, dem aufreibenden Spiel von Stephanie Sigman und Noé Hernández und seiner komplett trostlosen Optik und eigentlichen Geschichte zu begeistern, macht Catherine Hardwicke beim US-Remake im Grunde fast alles falsch, was man nur falsch machen kann und scheint die Vorlage erst gar nicht gesehen zu haben. Hardwicke ersäuft ihren Film in Hochglanzbildern – obwohl Kameramann Patrick Murguia mit Frozen Ground bewiesen hat, dass er genau die erforderliche realistische Trostlosigkeit auf Leinwand bannen kann – und vor allem bei der Figur des Lino kippt der Film – wenn man halt das Original kennt – fast ins Groteske ab: War Lino im Original noch ein unsympatischer und schmieriger Mistkerl der Laura (in der US-Version wurde aus ihr Gloria) schon mal auf dem Rücksitz vergewaltigte, verkommt er durch Ismael Cruz Córdova zu einem viel zu höflichen Sunnyboy der zu keinem Zeitpunkt Gefährlichkeit vermittelt. Gina Rodriguez schlägt sich in der Hauptrolle zwar deutlich besser, aber ihre Figur krankt schlicht an der typischen Eigenart solcher US-Filme, dass jemand sehr schnell zum Profischützen und ultimativen Badass wird – und das raubt Gloria jede Glaubwürdigkeit. Nur ein größerer Shootout wird von Hardwicke überraschend gut in Szene gesetzt, kann den Film aber auch nicht retten. Ganz im Gegenteil: Das Ende ist dann eine pure Frechheit und Pervertierung des Originals.

Fazit: Wenn aus einem trostlosen Gemeindesaal ein schicker Kongresssaal wird: Miss Bala ist eine fast abartige Umkehrung des mexikanischen Originals und macht mehr falsch als richtig.